Ein Stück. Nur noch ein kleines Stück und ich wäre von allem befreit. Von all dem, was er mir angetan hat. Ich müsste nicht mehr diesen Schmerz fühlen, den ich seit dieser Nacht empfinde und der mich kaum atmen lässt. Ich könnte diesen Blick vergessen, der sich in mein Gedächtnis gebrannt hat, als er mich alleine im Studio zurückließ.
Nur er und ich, alleine in einem kleinen Tonstudio. Auf engsten Raum. Nur wir und die plötzlich dagewesende Anziehungskraft. Wir kamen uns näher. Zu nah. Wir überschritten die Grenze, die zwischen Produzent und Küstler besteht. Es bliebt nicht nur bei einem leidenschaftlichen Kuss. Es folgten viele weitere Küsse. Seine Hände glitten entlang meines Rückens, hoch bis zum Hals. Dort begannen sie, langsam die Knöpfe meiner Bluse zu öffnen.
Nachdem er sich wieder vollständig bekleidet hatte, kniete er sich zu mir hinab. Dann sprach er die Worte, die mich verletzten, die gefühlsarm zwischen seinen Lippen hervor kamen. Er sagte "Jude, es war ein Fehler, ein unbedeutender Ausrutscher, der nichts, rein gar nichts zu bedeuten hat!" Er zwang mich dazu, diese Nacht zu vergessen. Obwohl ich wusste, das ich es nie vergessen könnte, stimmte ich zu. Ich versprach ihm, unsere Nacht zu vergessen. Sie aus meinem Gedächtnis zu streichen, einfach so zu tun, als ob es sie niemals gegeben hätte. Dann ging er, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Kein "Es tut mir leid!" und auch kein "Wir sehen uns morgen Jude." Alleine und in Tränen aufgelöst, saß ich auf dem kaltem Studioboden. Um mich herum, all meine Kleidungsstücke, die er mir noch zuvor begierig ausgezogen hatte.
Ich zog mich schnell an und verließ ebenso hastig G-Major. Ich drehte mich ein letztes Mal um und betrachtete das Gebäude, in dem ich soviel erlebt hatte. Hier wurde vor einem Jahr mein Traum war, der Traum einer Musikerkarriere. All meine Singleauskopplungen stiegen hoch in den Charts ein. Mein Album wurde zu einem der erfolgreisten des Jahres ausgezeichnet. Mit Tommy an meiner Seite, hatte ich einen der erfolgreichsten Produzenten. Mit ihm schrieb ich die meisten meiner Songs. Er inspirierte mich. Doch nun hatte er mein Herz gebrochen.
Ich setzte meinen Weg fort und kam schließlich, vom Regen durchnässt, bei meinem ersehnten Ziel an. Der Brücke am Hafen. Ich stellte mich erschöpft aufs Geländer und blickte in die Ferne. Ich fühlte mich frei. Befreit von all dem Schmerz, den er mir zugefügt hatte. Noch einmal versuchte ich mir einzureden, das ich diese Nacht vergessen könnte, wenn ich es nur wollte. Doch wiedermal scheiterte der Versuch und ich entschloss mich dazu, mein Vorhaben zu vollenden.
Alles was ich hörte war das Rauschen des Meeres. Ich schloss meine Augen und atmete ein letztes Mal tief ein.
Zwei Tage später schlug Tommy wie gewöhnlich die Zeitung auf. Er blätterte desinteressiert in ihr herum, bis ihm ein Artikel ins Auge fiel.
"Gestern Morgen fanden Passanten die Leiche der 16-Jährigen Jude Harrison am Hafen von Toronto...
kurz, aber total super geschrieben! deine storys und oneshots begeistern mich wirklich immer wieder! <3 ..auch wenn einige traurig sind..zB dieser oneshot.
boa das ist echt übel, deine oneshots sind sehr gut geschrieben und ich hoffe du schreibst bald wieder welche denn mich fasziniert wie du sie schreibst!!